23. Februar 2023 | |
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Thema: | Immigration |
Von: | Gerardo Bandera |
Von den 144 Millionen Menschen, die in Russland leben, sind schätzungsweise zwischen 40.000 und 70.000 Schwarze oder Menschen gemischter afrikanischer Herkunft.
Anders als in den Vereinigten Staaten und europäischen Ländern ist die Präsenz dieser Bevölkerungsgruppe in Russland nicht auf die Beteiligung des Landes am Sklavenhandel aus afrikanischen Ländern zurückzuführen, den das Land ablehnte. Vielmehr kamen die meisten Menschen afrikanischer Abstammung während der Sowjetära nach Russland.
VOR-SOWJETISCHE EINSTELLUNGEN
Im 18. und 19. Jahrhundert beteiligte sich Russland nicht am Sklavenhandel und der Kolonialisierung Afrikas, die von Europäern und Amerikanern vorangetrieben wurde. Zar Nikolaus I. Verbot den Handel mit afrikanischen Sklaven in Russland sogar, da er ihn für unmoralisch hielt (obwohl er die Leibeigenschaft zuließ). Als die italienische Armee 1895 in Äthiopien einmarschierte, lieferte Russland, das den Angriff auf eine christliche Bevölkerung für obszön hielt, Waffen an die äthiopischen Truppen und half ihnen, die italienischen Invasoren zu besiegen.
Einer der bekanntesten Russen afrikanischer Abstammung ist Alexander Puschkin, dessen Urgroßvater, Abram Hannibal, ursprünglich aus dem heutigen Kamerun stammte und von Zar Peter dem Großen aus der Sklaverei befreit wurde, der daraufhin sein Förderer und Beschützer wurde.
Menschen aus Afrika wurden zwar nicht als kostenlose Arbeitskräfte betrachtet, aber sie wurden durch den weißen Blick der Russen als „exotische“ Menschen aus fernen Ländern angesehen und auch so behandelt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts veranstaltete Russland beispielsweise verschiedene „ethnografische“ Ausstellungen von Menschen aus verschiedenen Regionen und Stämmen Afrikas, die in Zoos, Theatern und Zirkussen im ganzen Land gezeigt wurden - angeblich, um Wissen über diese Kulturen zu vermitteln, in Wirklichkeit aber, um ihre Andersartigkeit zur Schau zu stellen.
Diese Einstellung änderte sich aus verschiedenen Gründen in den Jahren nach der bolschewistischen Revolution von 1917.
EGALITÄRE SOWJETUNION
Nach der Errichtung des Kommunismus in der Sowjetunion waren Rassismus und Diskriminierung technisch nicht erlaubt, da sie den marxistischen Werten der Gleichmacherei widersprachen. Das russische Strafgesetzbuch verbot und verfolgte rassistische und ethnische Diskriminierung, obwohl ethnische Minderheiten, wie z. B. Juden, weiterhin Antisemitismus und Diskriminierungen erlebten.
Zur gleichen Zeit wurden Schwarze in Amerika als Bürger zweiter Klasse behandelt, ihnen wurden die gleichen Rechte wie Weißen verweigert, und sie waren im täglichen Leben ständiger Diskriminierung und Unterdrückung ausgesetzt. Die klassenlose, egalitäre russische Gesellschaft war deshalb für Afroamerikaner sehr attraktiv, und in den 1930er Jahren wanderten Tausende von ihnen nach Übersee aus, um dort ein friedlicheres Leben zu führen.
In dieser Zeit reisten auch mehrere führende Vertreter der Harlem Renaissance wie Claude McKay und Langston Hughes nach Russland, wo sie als Künstler mehr Akzeptanz erfuhren und sich ihnen mehr Möglichkeiten eröffneten, als in den Vereinigten Staaten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die UdSSR einen zweiten Zustrom schwarzer Einwanderer - diesmal aus afrikanischen Ländern aufgrund eines großzügigen Stipendienprogramms, das Tausenden von jungen Afrikanern einen Anreiz bot, in Russland zu studieren. Während einige dieser Studenten die Vorteile der guten Ausbildung nutzten und in ihre Heimatländer zurückkehrten, blieben viele von ihnen in Russland, und ihre Nachkommen leben immer noch im Land, wo sie heute weit weniger akzeptiert werden als ihre Vorfahren.
DER UNTERGANG DER UdSSR UND DER AUFSTIEG DES RASSISMUS
Während des Niedergangs der Sowjetunion, begannen diejenigen, die unter wirtschaftlicher Not litten, Außenseitergruppen für den Niedergang des Blocks verantwortlich zu machen. Afrikanische Russen:innen sahen sich rassistischen Vorurteilen und Schikanen durch weiße Rassisten:innen und Nationalisten:innen ausgesetzt.
Heute erleben Afrorussen:innen zwar nicht die Art von systematischem Rassismus, wie er in amerikanischen Gesellschaften als Ergebnis jahrhundertelanger Unterdrückung allgegenwärtig ist. Dennoch gibt es klassischen, beiläufigen Rassismus: Taxifahrer und Barkeeper verweigern ihnen aufgrund ihres Aussehens die Bedienung; Menschen bezeichnen sie als Ausländer; Fremde starren sie an, darüber hinaus sind sie benachteiligt bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche.
Während viele Schwarze Russen behaupten, dass sie keinen Rassismus erleben, sagen andere, dass Schwarze Russen sich schlichtweg an den Rassismus gewöhnt haben, da er zu ihrem Alltag gehört.
AUSBEUTUNG VON AFRIKANISCHEN MIGRANTEN
Jedes Jahr werden Tausende von Afrikanern von Betrügern mit falschen Versprechungen nach Russland gelockt. Ihnen werden Bildung, Arbeitsplätze und sogar die Aufnahme in Fußballmannschaften versprochen, nur um dann - nachdem sie ihre gesamten Ersparnisse eingezahlt haben - festzustellen, dass sie betrogen wurden und mittellos und ohne Visum im Land feststecken.
Da der Aufenthalt ohne legalen Aufenthaltsstatus in Russland unter Strafe steht, sind diese afrikanischen Einwanderer in einem Land gefangen, in dem sie für einen sehr geringen Lohn hart arbeiten müssen, um sich ihre Anwaltskosten und die Reise in die Heimat leisten zu können.
Eines der größten Probleme, mit denen schwarze Frauen in Russland konfrontiert sind, ist das der Zwangsprostitution. Jedes Jahr werden schätzungsweise 3.000 Frauen und Mädchen aus Nigeria nach Russland gelockt. Ihnen werden Chancen und Studentenvisa versprochen, aber stattdessen geraten sie in die Fänge von Sexsklavenringen.