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Kampf um das meist geschmuggelte Tier der Welt

27. September 2023
Thema:Jagd
located:Cameroon, Ghana
Von:Regobert Manigha
„Ihr müsst das Schuppentier als euren Bruder sehen und dürft keinen Menschenhändler zu seinem Lebensraum führen“- das sagt seine Majestät Prosper Parfait Mbassi aus Monatele, der Hauptstadt des Departements Lekié, einer pangolinreichen Region in der Region Centre in Kamerun.

„Ich lebe hier in meinem Dorf, damit auch unsere Schuppentiere hier leben können und wir den Rest unserer biologischen Ressourcen ebenfalls schützen können", erklärt der Stammesführer weiter.

Manche Menschen in Monatele glauben, dass die Schuppentiere als Verbindung zwischen der Bevölkerung und ihren Vorfahren dienen. Der 27-jährige Didier, ein Landwirt aus Monatele, berichtet hingegen, dass die unzähligen weiß-schwarzbäuchige Schuppentiere, die es in seinem Dorf gibt, von vielen Einheimischen noch bis vor kurzem als Delikatesse betrachtetet wurden.

Das Dorf, das etwas mehr als 51 Kilometer von Yaounde, der politischen Hauptstadt des zentralafrikanischen Landes entfernt liegt, zählt über 2.000 Einwohner:innen, darunter auch Binnenvertriebene aus Kamerun selbst.

„Unser Häuptling hat viele von uns in seinen Palast eingeladen, um uns über den soziokulturellen und medizinischen Wert des Schuppentiers aufzuklären und uns beizubringen, wie wir diese geschützte Tierart pflegen sollten“, erzählt Edith Mbui, eine 27-jährige Gärtnerin aus Monatele, gegenüber FairPlanet.

Häuptling Mbassi versicherte seinerseits: „Ich bin der Hüter unserer Traditionen und Kulturen und muss bei der Bewahrung dieser Schätze die Führung übernehmen. Mein Großvater hat mir gesagt, dass das Schuppentier unsere Geheimnisse bewahrt; wenn wir den illegalen Handel mit ihnen oder ihre Verwendung als Buschfleisch dulden, ist das gleichbedeutend mit dem Ausverkauf oder der Vernichtung dessen, was uns und den kommenden Generationen heilig ist.“

Mbassi, 57, erklärt weiter, dass in den Monaten Juni und Juli viel Zeit dafür aufgewendet wurde, Menschen in seiner Gemeinde dafür zu sensibilisieren, wie wichtig der Schutz der Schuppentiere ist: „Ich habe wiederholt alle Familienoberhäupter zusammengerufen und ihnen geraten, die Botschaft an den Rest ihrer Familien weiterzugeben: Jeder, der bei der Wilderei oder einer damit zusammenhängenden Straftat gegen das Schuppentier erwischt wird, wird aus dem Dorf vertrieben wird!“, und fügt hinzu: „Die Kampagne ist noch lange nicht zu Ende.“

EINE MEHRSTUFIGE KAMPAGNE

Im Südwesten Kameruns ist Tansi Goodwill Tansi, Geschäftsführer von ECODAS-Kamerun, einer lokalen Nichtregierungsorganisation für den Schutz von Wildtieren, immer noch bewegt von den Bemühungen, die vor Ort unternommen wurden, um im April 2023 ein Schwarzbauch-Schuppentier zu retten. Aber nicht alle Dorfbewohner verstehen um die Bedeutung des Artenschutzes:

„Man muss die Dorfbewohner oftmals erst davon überzeugen, sich an das kamerunische Wildtiergesetz zu halten, das besagt, dass das Schuppentier eine geschützte Art ist und dass jeder, der in seinem Besitz angetroffen wird, zusätzlich zu einer hohen Geldstrafe eine Gefängnisstrafe riskiert“, erklärt Tansi.

Er empfiehlt, Schuppentiere in Gebieten freizulassen, in denen sie am sichersten sind, und erzählt dass er, als er an der Freilassung eines Schuppentiers beteiligt war, mehrere Kilometer in das Naturschutzgebiet fuhr, um sicherzustellen, dass das Tier vor menschlichen Bedrohungen sicher war.

Der örtliche Naturschützer arbeitet seit 2021 in der Umgebung des Bayang-Mbo Wildlife Sanctuary, des Bakossi National Park, des Proposed Mount Muanenguba Integral Ecological Reserve und des Mount Kupe Integral Ecological Reserve im Südwesten Kameruns. Im Rahmen seiner Arbeit bekräftigt er die Einheimischen, insbesondere die Jäger, darin, die Schuppentiere nicht mehr zu verfolgen. „Wir bieten ihnen alternative Überlebensmethoden, vom Anbau verderblicher Lebensmittel bis hin zur Bienenzucht“, erklärt Tansi.

Doch der Kampf um den Schutz der Schuppentiere in und um Monatele hätte ohne die Unterstützung der Kampagne „Say No to Pangolin Meat“ von WildAid, einer in den USA ansässigen internationalen Nichtregierungsorganisation für den Schutz von Wildtieren, die sich für die Reduzierung des weltweiten Verbrauchs von Wildtierprodukten einsetzt, wohl kaum an Fahrt gewonnen.

„WildAid half uns zu verstehen, dass das Schuppentier sich von Termiten und Ameisen ernährt und das Potenzial hat, 20.000 dieser Insekten pro Tag zu fressen; das bedeutet, dass es in der Lage ist, 7,3 Millionen pro Jahr zu essen“, sagte Mbui. „Wir wissen, dass Termiten zerstörerisch für Pflanzen und andere Tiere sind. Wenn wir diese Schuppentiere schützen, schützen wir auch für unser Ökosystem.“

Jenifer Bifot, Repräsentantin für das frankophone Afrika bei WildAid, beschreibt gegenüber FairPlanet, dass sich die NRO aufgrund ihres Einflusses in den lokalen Gemeinschaften für die Zusammenarbeit mit traditionellen Herrschern entschieden hat.

„Sie haben Einfluss und ihnen wird zugehört“, sagt sie. „Wir können nicht einfach in die Gemeinden gehen und den Schutz der Schuppentiere predigen. Die Menschen hier kennen uns nicht. Wenn wir jedoch die traditionellen Stammesführer in unsere Kampagne einbeziehen, können wir die den Schutz der Schuppentiere als Zielsetzung in den Gemeinden verankern, ohne in ihre Bräuche einzugreifen.“

FÜR MEDIZINISCHE ZWECKE GETÖTET

Wie das US National Laboratory of Medicines feststellte, hat das afrikanische Schuppentier auf dem gesamten Kontinent eine große Bedeutung für medizinische Behandlungen. Exemplarisch werden die Untersuchung von 48 traditionellen Heilern in Ghana aufgezeigt, die deutlich machen, dass das Tier zur Behandlung von schweren Krankheiten beim Menschen eingesetzt wird.

„Wir töten das Schuppentier und verwenden seinen Kopf, um Unfruchtbarkeit zu behandeln“, erklärt beispielsweise Primus Nsom, ein 67-jähriger Kräuterkundiger aus Kamerun, gegenüber FairPlanet. „Der schuppige Ameisenbär wird in unseren Kreisen immer noch häufig genutzt, um die spirituellen Kräfte der traditionellen Herrscher zu bereichern."

Auch deshalb ist die Arbeit von WildAid so wichtig, erklärt Jenifer Bifot. Die NRO will weiterhin eng mit lokalen Gemeinschaften sowie lokalen und internationalen Prominenten zusammenarbeiten, um den Schutz der Schuppentiere in Kamerun zu fördern. „Zu unseren Botschaftern der Kampagne 'Nein zum Schuppentierfleisch' in Kamerun gehören seit 2021 Roger Mila und Locko, ein bekannter Fußballer und lokaler Künstler.“

LAXE UMSETZUNG DER BESTEHENDEN GESETZE

Kameruns Gesetz Nr. 94, das im Januar 1994 unterzeichnet wurde, regelt eigentlich den Umgang mit Wildtieren im Land. Abschnitt 8-1 des Gesetzes legt fest, dass Tierarten der Klasse A, zu denen auch das Schuppentier gehört, „vollständig geschützt sind und auf keinen Fall getötet werden dürfen“. Es heißt dort weiter: „Jeder, der gegen dieses Gesetz verstößt, wird mit einer Geldstrafe zwischen 3000000 bis 6000000 CFA frs (etwa 10.000 Euro) und einer möglichen Freiheitsstrafe von einem bis drei Jahren bestraft.“

Kamerun arbeitet nun mit der IUCN, dem WWF, USAID, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Last Great Ape Organization zusammen, um das Wildtiergesetz auch wirklich zu implementieren.

In einer Veröffentlichung der Internationalen Organisation für Tierschutz (OIPA) aus dem Jahr 2020 wurde festgestellt, dass drei der vier auf dem afrikanischen Kontinent vorkommenden Schuppentierarten in Kamerun beheimatet sind. Naturschützer und Beamte, die für die Durchsetzung der Wildtiergesetze im Land zuständig sind, sind jedoch der Meinung, dass die laxe Umsetzung der Wildtiergesetze des Landes das Aussterben der Schuppentiere verschärft.

„Die Geschichte des Schuppentiers in Kamerun ist erbärmlich“, beklagte Eric Kaba Tah, stellvertretender Direktor der Last Grape Ape Organization (LAGA), einer internationalen Nichtregierungsorganisation, die sich auf die Durchsetzung der Gesetze für Wildtiere in Kamerun spezialisiert hat. „Es ist nicht nur einmal passiert, dass wir Verhaftungen im Zusammenhang mit dem Pangolinhandel durchgeführt, die Fälle vor Gericht gebracht haben, und die Täter trotzdem innerhalb weniger Tage aus dem Gefängnis spazierten und unsere Bemühungen als Ressourcenverschwendung angesehen wurden.“

DAS MEISTGEHANDELTE TIER

Laut einer Studie aus dem Jahr 2020, die in ScienceDirect veröffentlicht wurde, „wurden zwischen 2000 und 2019 weltweit etwa 895.000 Schuppentiere gehandelt“. Die Forscher zeigen, wie „komplex es war, den illegalen Handel mit dieser Tierart zu verfolgen, und führen dies auf die Gründe für den Handel zurück.“ Sie enthüllten auch, dass „afrikanische Länder in Bezug auf ihre Rolle bei der Erhaltung dieses schuppigen Säugetiers Bescheid wissen.“

Weiter heißt es: „Zwei der acht Schuppentierarten sind auf der Roten Liste der bedrohten Arten der ICUN als kritisch gefährdet eingestuft, während alle anderen acht Arten durch internationale und nationale Gesetze geschützt sind.“

Die Regierung von Kamerun, die ihre Schutzbemühungen liberalisiert hat, arbeitet mit zahlreichen Partnern zusammen, um den Handel mit Wildtieren einzudämmen. Dennoch hält der illegale Handel mit den gefährdeten Tieren an, wobei der Handel mit Schuppentieren an der Spitze steht.

Laut dem Jahresbericht 2022 der LAGA, der im Februar 2023 veröffentlicht wurde, macht das Schuppentier 37 Prozent des gesamten Handels mit Wildtieren in dem zentralafrikanischen Land aus. Und obwohl es schwierig ist, die genaue Zahl der in Kamerun gehandelten Schuppentiere zu bestimmen, hebt der Bericht hervor, dass im Zuge von 17 Strafverfolgungsaktionen im ganzen Land 43 Händler im Besitz von 246 Schuppentieren und 386 Schuppentierpanzern festgenommen wurden.

„Diese Zahlen zeigen, dass die Ausrottung droht, wenn das Gesetz untätig bleibt und die Schutzbemühungen im Keim erstickt werden“, so Tah.

Artikel geschrieben von:
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Regobert Manigha
Autor:in
Cameroon Ghana
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Ein Schuppentier in Namibia
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Langschwanz-Schuppentier (Phataginus tetradactyla) in den Händen eines Wilderers in Kamerun.
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