07. Mai 2023 | |
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Thema: | Nachhaltige Landwirtschaft |
Partner: | Good Issue |
Sie sind auf dem Hof Ihrer Eltern aufgewachsen, haben dann studiert und im Finanzsektor gearbeitet. Warum sind Sie dort ausgestiegen und haben den elterlichen Hof übernommen?
Mit 22 wusste ich, dass der Hof mal meine Verantwortung wird. 2016 wurde mir dann klar, dass ich jetzt handeln und Lösungen für unseren Betrieb finden muss.
Ihre Eltern haben den Hof 2004 auf Bio umgestellt, seit 2016 führen Sie ihn als „Gut & Bösel“ weiter. Was haben Sie seither erreicht?
Das ist eine schwer zu beantwortende Frage! Wir haben schon ganz viel erreicht, sind aber im Hinblick auf unsere Ziele noch ganz am Anfang. Wir haben ein unabhängiges Forschungsinstitut für regenerative Landwirtschaft aufgebaut, eine Baumschule gestartet, 5 Agroforstsysteme gepflanzt, 150 Kühe aufgebaut, großartige Kooperationen mit Instituten und Firmen, tausende Besucher und jährlich 30 Praktikanten und Praktikantinnen. Aber der Weg, der vor uns liegt, ist noch lang!
Sie setzen auf regenerative Anbaumethoden wie syntropische Landwirtschaft und ganzheitliches Weidemanagement – was bedeutet das genau?
In der syntropischen Landwirtschaft entwickeln wir extrem vielfältige, an den Standort angepasste Agroforstsysteme, die nach einiger Zeit völlig autark werden. Das bedeutet, die Pflanzen versorgen sich selbst gegenseitig mit Nährstoffen, Dünger und Wasser, wir versuchen dabei nur zu unterstützen. Im ganzheitlichen Weidemanagement imitieren wir, wie Wiederkäuer damals durch die großen Gras-Landschaften gezogen sind. Immer eng zu zusammenstehend, stetig in Bewegung und ohne an den gleichen Platz zurückzukommen. Damit fördern wir, dass das Gras und die Kräuter immer schneller wachsen und stärker werden. Das ist der Schlüssel für den Klimawandel: Photosynthese.
Kühe gelten gemein als Klimakiller. Auf „Gut & Bösel“ sollen sie für einen fruchtbaren Acker sorgen. Warum machen das nicht alle Landwirte so?
Die Kühe sind nie die Klimakiller. Es ist immer der Mensch. Landwirte haben immer gemacht, was von Ihnen gefordert wurde. Masse & billig. Wenn wir als essende Menschen bereit wären, in gute Produkte zu investieren, könnten Landwirte einfacher umsteigen.
Haben Sie angesichts der globalen Herausforderungen manchmal das Gefühl, dass Ihre Arbeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist?
Nein. Die Frage der Landnutzung ist der Schlüssel zum Lösen der größten Probleme unserer Zeit. Wir haben nur über eine respektvolle, der Natur zugewandte Philosophie eine Chance, das Ruder noch rumzureißen. Dieses Bewusstsein wächst aktuell überall und wir werden eine unfassbare Kehrtwende hinlegen, wenn wir Menschen den Weg zu uns und zur Natur wiederfinden.
Die Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebs ist fordernd. Trotzdem haben Sie sich die Zeit genommen, ein Buch zu schreiben. Warum „Rebellen der Erde“?
Ich glaube, der entscheidende Impuls kam durch die vielen Besucher und Besucherinnen, die uns nach der Farmtour schrieben und erklärten, sie hätten das erste Mal wieder Mut und Hoffnung für die Zukunft. Das wollte ich irgendwie mit mehr Menschen teilen, und gleichzeitig merke ich, wie viele Menschen das Thema heute einfach interessiert. Deshalb haben wir auch zahlreiche weitere Buchempfehlungen und andere Tipps & Tricks in das Buch mit aufgenommen.
Über Benedikt Bösel
Benedikt Bösel, geb. 1984, studierte zunächst Business Finance in Großbritannien und war zehn Jahre als Investmentbanker in der Finanzwirtschaft tätig. Zusätzlich schloss er in Berlin das Masterstudium der Agrarökonomie ab. Seit 2016 ist er Geschäftsführer von Gut & Bösel, einem ökologischen Land und Forstwirtschaftsbetrieb mit 1100 Hektar Ackerfläche etwa eine Stunde östlich von Berlin. Er und sein Team unterstützen aktiv innovative Agrar-Startups sowie Forschungsprojekte.
Es gibt keine bessere Versicherung für unsere Zukunft als einen gesunden Boden: In „Rebellen der Erde“ (Scorpio Verlag) erzählt Benedikt Bösel von dem Abenteuer, auf das er und sein Team sich eingelassen haben, um alternative Landnutzungsmodelle zu ergründen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei GOOD ISSUE