02. Oktober 2022 | |
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Thema: | Frauenrechte |
Von: | Katharina Höftmann Ciobotaru |
Erst kürzlich forderten die „Jusos“ (Die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD) in Berlin-Mitte, dass die öffentlich rechtlichen Sender in Deutschland künftig auch Pornos in ihren Mediatheken zur Verfügung stellen. Allerdings nur solche „antirassistischer und feministischer“ Art.
Womit wir direkt beim Problem wären, die meisten Pornos sind nicht nur anti-feministisch, auf den großen Pornoseiten ist es für Nutzer vor allem schwierig zu erkennen, unter welchen Bedingungen die Streifen entstanden sind. Gerade in der Kategorie „Amateur“ weiß man weder, ob alle Beteiligten den Videoaufnahmen und -Veröffentlichungen zugestimmt haben, noch wie alt die Personen aus den Sexfilmchen sind.
Das deutsche Startup Cheex will das ändern: Cheex bietet Inhalte hinter einer Paywall an, garantiert dafür aber, dass die Filme „ethisch“ und „fair“ produziert wurden: „Bei uns wird jeder Content vom ganzen Team begutachtet. Uns sind die Verträge, Gehälter und sämtliche Produktionsbedingungen bekannt. Die Performer:innen haben freie Wahl mit wem sie arbeiten, die Bezahlung ist fair und im oberen Bereich des Industriedurchschnitts, es werden vorher Tests für Geschlechtskrankheiten auf Kosten der Produktionsfirma gemacht, die Performer:innen müssen ihr Alter nachweisen und am Set gibt es einen sogenannten Intimacy-Koordinator:innen, welche/r die Aufnahmen überwachen“, beschreibt Charis Uster, die bei Cheex die Audioabteilung leitet.
Neben Sexvideos verschiedener Kategorien bietet Cheex nämlich auch Audioinhalte an. Das Unternehmen will dabei alle Kategorien im Pornobereich abdecken: „Gangbangs oder BDSM sind ja nicht per se schlecht“, erklärt Uster, „es muss halt sichergestellt werden, dass alle Parteien das machen wollen. Fair und ethisch kann trotzdem schmutzig sein.“
Ziel ist dabei, vor allem auch Frauen mehr anzusprechen. Denn diese können oft mit herkömmlichen Filmen nichts anfangen: „Ich habe mir zum Ziel gesetzt, die Sexindustrie zu revolutionieren! Es hat mich geärgert, dass Frauen, die ihre Sexualität genießen wollen, keinen Raum haben, um dies ohne Scham zu tun. Um das zu können, benötigt man einen offenen Austausch, Sexual Education, Diversität in den Arten der Sexualität und eben auch Pornos. Die Pornoindustrie und der Pornokonsum sind nach wie vor eine Männerdomäne und krass tabuisiert. Im 21. Jahrhundert! Das negative Image der Industrie hat mich aber nicht gestört; es hat mich eher ermutigt, etwas zu ändern“, erklärt Mit-Gründerin Denise Kratzenberg die Entscheidung für die Pornoindustrie.
Dass eine Revolution dringend nötig ist, zeigt u.a. ein aktueller Bericht des französischen Senats, dieser prangert die schrecklichen Bedingungen an, denen einige Darstellerinnen in pornografischen Filmen ausgesetzt sind. Der 150-seitige Bericht, der Interviews und Aussagen von Schauspieler:innen, Soziolog:innen und Verbänden enthält, konzentriert sich auf die sexuelle Gewalt, die von der Pornoindustrie ausgeübt und vermittelt wird und die Elemente „moderner Sklaverei“ enthalte.
Webseiten wie Pornhub stehen außerdem immer wieder in der Kritik, Videos zu zeigen, die Vergewaltigung, Rachepornos, Kindesmissbrauch und sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige darstellen.
Für die fairen Filme und Hörspiele von Cheex läuft es bisher sehr gut. Mehr als 100.000 Abos zeigen, dass User:innen bereit sind, rund 15 Euro pro Monat dafür zu bezahlen, faire Pornos zu sehen und daneben auf Hörgeschichten, Live Tutorials und Workshops sowie den Learn-Bereich Zugriff zu haben.
Das Unternehmen will in Zukunft noch mehr, noch vielseitigeren Content anbieten und vor allem auch mehr auf Eigenproduktionen setzen. Denn zu den erfolgreichsten Filmen auf der Plattform gehört „Muse“, die bisher einzige Eigenproduktion des Startups, die mit viel Bodypositivity und Konzentration auf die weibliche Lust punktet. Daneben sind auf der Webseite vor allem die Video-Tutorials zu Squirting und Threesomes besonders beliebt. Zu den drei erfolgreichsten Audios bei CHEEX gehört u.a. eine Anleitung zur Selbstbefriedigung. Gerade mit diesen eher „bildenden“ Inhalten können sich Seiten wie CHEEX von den herkömmlichen Pornoseiten abheben. Vor allem aber natürlich mit der Tatsache, dass man hier ohne schlechtes Gewissen gucken kann.