02. Januar 2023 | |
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Thema: | Nahrungsmittelsicherheit |
Von: | Katharina Höftmann Ciobotaru |
„Der Krieg in der Ukraine beweist einmal mehr, wie wichtig die Ernährungssicherheit als Bestandteil der nationalen Sicherheit ist. Eine starke Foodtech-Industrie, wie sie in Israel im Entstehen begriffen ist, spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung einer vielversprechenden Zukunft für uns alle mit besserer Ernährungssicherheit“, mit diesen Worte eröffnete Haim Gavrieli, CEO einer der wichtigsten Nahrungsmittelhersteller in Israel, Tnuva, vor ein paar Monaten einen Kommentarartikel im Wirtschaftsmedium Calcalist.
Gavrieli führt weiter an, dass der Foodtech-Bereich für Israel bald schon mindestens genau so wichtig sein wird wie Cybersecurity-Start-ups. In etwa einem Jahrzehnt werde der Markt für Milchprodukte, Geflügel und Fleischalternativen voraussichtlich etwa 140 Milliarden Dollar betragen, wovon Fleischalternativen - entweder kultiviertes Fleisch oder Fleisch auf pflanzlicher Basis - etwa die Hälfte ausmachen werden, so der Tnuva-Chef. Die Zahlen unterstützen diese These. Bereits jetzt ist Israel global gesehen neben den USA das Land mit den finanziell erfolgreichsten Food-Tech-Start-ups.
Israel zweitwichtigstes Land für Foodtech
Laut dem Israel-Bericht des Good Food Institute haben israelische Start-ups in der ersten Jahreshälfte 2022 etwas mehr als 1 Milliarde Schekel (ca. 278 Mio. Euro, 273 Mio. CHF) aufgebracht - ein Anstieg von 160 Prozent gegenüber dem Vorjahr - und liegen damit nach den Vereinigten Staaten an zweiter Stelle bei der Aufnahme von Investitionen in diesem Bereich. Interessanterweise zeigt der Bericht aber auch, dass dieser hohe Betrag aktuell noch von nur wenigen besonders grossen Unternehmen eingesammelt wurde.
Dazu gehört das israelische Start-up Remilk, welches mikrobielle Fermentation zur Herstellung von milchfreien Proteinen einsetzt. Das Unternehmen hat bisher Investitionen in Höhe von 130 Mio. USD erhalten und will bald mit dem Bau einer Fabrik in Dänemark beginnen, welche die grösste ihrer Art weltweit sein wird. Das Foodtech-Start-up Redefine Meat (pflanzlich hergestelltes Fleisch) konnte sogar 135 Mio. USD einsammeln und plant den Bau einer Fabrik in den Niederlanden. Auch das israelische Start-up Aleph Farms (Hersteller von so genanntem „Laborfleisch“), das kürzlich eine 6.000 Quadratmeter grosse Forschungs- und Produktionsanlage in der israelischen Stadt Rehovot eröffnete, gehört zu den wichtigsten und bekanntesten israelischen Foodtech-Unternehmen.
Aber auch kleinere Foodtech-Start-ups spielen durchaus eine wichtige Rolle. Der Guru für fantastisches Essen Uri Buri ist eigentlich eher für sein gleichnamiges Restaurant und sein Nobel-Boutique Hotel Efendi in Akko bekannt. Aber seit einigen Jahren beschäftigt sich der 78-Jährige mehr und mehr mit den technologischen Aspekten der Nahrungsmittel, die er verwendet: „Ich habe mich schon immer für alle Fragen rund um Lebensmittel interessiert. Wie man sie kombiniert, damit ein höchst spannendes Geschmackserlebnis dabei herauskommt, aber auch, wie sie hergestellt werden.“ Mit Gavan baut Uri Buri nun gemeinsam mit zwei Mitgründern ein Foodtech-Start-up auf, das die Kraft von pflanzlichen Ressourcen nutzen will.
Dafür extrahiert die firmeneigene Technologie Proteine aus den Nahrungsquellen, wobei ihre physische Struktur und ihre hohe Funktionalität erhalten bleiben. Herauskommen dabei nicht nur nachhaltige Lebensmittelfarben, sondern auch ein pflanzliches Fett, das herkömmliche pflanzliche Fette an Qualität und Geschmack weit übertrifft und tierische Fette überflüssig macht.
Etwa 230 Foodtech-Unternehmen gibt es momentan in Israel und obwohl die lokale Foodtech-Industrie weniger reif und gewachsen ist, als andere High-Tech-Sektoren im Land, der Wachstum ist schnell und beeindruckend. Im September hat der High-Tech-Unternehmer und Investor Erel Margalit ein weiteres Zentrum für Foodtech im Norden Israels eröffnet. „Israel wird zu einer Foodtech-Supermacht“, sagte er dort in seiner Eröffnungsrede. Daran gibt es kaum einen Zweifel.