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Theater in der (Klima)Krise

30. Mai 2023
Thema:Klimawandel
Partner:Good Issue
Von:Good Issue
Immer mehr Theater bemühen sich um nachhaltige Konzepte, Produktionsabläufe und Inszenierungen. Kostümbildnerin und GOOD ISSUE Autorin Esther Geremus wollte wissen, was hinter den Kulissen los ist und hat bei ihren Kolleg:innen aus Kostüm- und Maskenbild nachgefragt

Theater und Verzicht? Künstlerisches Schaffen und ökologischer Fußabdruck? Größer könnten die Gegensätze wohl nicht sein. Doch die Klimakrise macht auch vor Kunsteinrichtungen nicht halt. Sie beschäftigen sich mit der dringlichen Frage: Wie können wir weiter das Theater produzieren, das wir sehen wollen – aber so, dass es in Zukunft nachhaltig ist?

Auch auf der Bühne bewegt sich etwas: Barbara Ehnes, Bühnenbildnerin und Professorin für Bühnenbild an der Hochschule für bildende Kunst Dresden, hat für die Inszenierung von Thomas Köcks „Sostalgia“ mit Myzelien gearbeitet. Für das Auftragswerk des Schauspiel Frankfurt in Koproduktion mit dem Kunstfest Weimar im September 2022 ließ sie Pilzsporen mit einer speziellen Streu zusammenwachsen, so dass daraus Platten entstanden. Im wahrsten Sinne organisches Material also. Das Bühnenbild von „Eurotrash“ am Thalia Theater Hamburg „recycelte“ die Bühnenbildnerin komplett aus vorhandenen Materialien. Und bereits 2021 ließ Regisseurin Kathie Mitchell für ihre Inszenierung „Kein Weltuntergang“ an der Berliner Schaubühne den Strom für ihre Vorstellung von zwei Fahrradfahrerinnen auf der Bühne erzeugen, Kostüme und Bühne wurden aus alten Beständen upgecycelt.

Vorzeigeprojekte oder schon Theateralltag? Als Kostümbildnerin wollte ich wissen, wo das Kostüm- und Maskenbild deutschsprachiger Bühnen und Festivals steht. Wird ein Nachhaltigkeitsdiskurs geführt und was sind die Antworten auf die vielen dringlichen Zukunftsfragen? Gibt es bereits Nachhaltigkeitskonzepte, und wenn ja, wie sie sehen sie aus? Ich habe bei einigen Kolleg:innen nachgefragt und überraschende, spannende und ermutigende Antworten bekommen.

Hier eine Zusammenfassung der Antworten von

Jan Meier (JM), Direktor Kostüm, Maske und Garderobe Salzburger Festspiele

Julia Wilms (JW), Leitung Maske Thalia Theater Hamburg 

Philipp Glanzner (PG), Ausstattungsleitung Schauspielhaus Graz

Anna Dressendörfer (AD), Leitung Kostüm & Maske Ruhrtriennale Bochum

Gibt es an Ihrem Haus bereits Nachhaltigkeitskonzepte?

JM Der Salzburger Festspielfonds arbeitet an einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzept, in dem alle betrieblichen und produktionsbezogenen Abläufe abgebildet sind. Erstes Ziel ist die Zertifizierung nach dem Österreichischen Umweltzeichen.

PG Im März 2021 startete im Schauspielhaus Graz das Pilotprojekt „Das Grüne Theater“. Initiiert von der Intendantin Iris Laufenberg, wurde von dem eigens eingesetzten Projektleiter Frank Holldack eine Projektstruktur entwickelt, die auf allen Ebenen des Betriebes ansetzt – bereichs- und positionsübergreifend erarbeiten Mitarbeiter:innen kontinuierlich Maßnahmen, um das Schauspielhaus Graz und unsere Theaterarbeit unter dem Gesichtspunkt der ökologischen und auch ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit zu verbessern.

Der Gedanke, Ressourcen zu schonen, zukunftsorientiert zu handeln und zu wirtschaften und ökologisch nachhaltige Lösungen zu finden, ist jedoch seit vielen Jahren im Fokus des Schauspielhaus Graz, sodass wir bereits im Jahr 2015 die Auszeichnung ÖKOPROFIT-Betrieb durch das Umweltamt der Stadt Graz erhalten haben.

JW Im Thalia Theater gibt es unterschiedlichste Nachhaltigkeitskonzepte. Angefangen von „klassischen“ Maßnahmen wie Stromsparen, Mülltrennung und -vermeidung, Papier sparen etc. gibt es in jedem Bereich Konzepte und Projekte – z.B. wurde das Bühnenbild von „Eurotrash“ (Regie: S. Pucher/ Bühne: B. Ehnes) komplett aus vorhandenen Materialien hergestellt. In der Maske verwenden wir nur noch Waschies, also waschbare Abschmink-Pads, und keine Feuchttücher mehr. Bestimmte Materialien – vor allem Kunststoffe zum Formen und für den Maskenbau – versuchen wir komplett zu vermeiden. Und das sind nur zwei Beispiele.

AD Aktuell steht u.a. die Ausarbeitung eines ganzjährigen „Status Quo“ im Mittelpunkt. Anderes ist bereits in Umsetzung, etwa die Umstellung unseres Fuhrparks auf E-Mobilität, energetisch nachhaltige Maßnahmen im Bochumer Bürogebäude als auch das Bemühen, Nachhaltigkeit als Kriterium etwa bei Vergabeverfahren zu integrieren. Wir haben eine eigene Nachhaltigkeits-Managerin im Haus und arbeiten mit Partnern wie dem Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien sowie der Hochschule Bochum zusammen. Das stärkt uns darin, als „lernende Organisation“ das Thema Nachhaltigkeit – immer als Gemeinschaftsaufgabe verstanden – stetig voranzutreiben.

Wird bei der Stoffauswahl für die Neuanfertigung von Kostümen auf nachhaltige Kriterien geachtet?

PG Im November 2022 haben wir in unserer hausinternen Schneiderei eine Testphase gestartet: Wir versuchen alle Neuanfertigungen aus Textilien herzustellen, die bereits im Bestand des Hauses sind oder bestimmte Kriterien erfüllen bzw. Zertifizierungen entsprechen. Bei Ankäufen werden Secondhandstoffe bevorzugt. 

JM Usus ist in Salzburg, dass nach den Konzeptpräsentationen durch die Kostümbildner:innen die hausinternen Möglichkeiten geprüft werden, also welche Kostüme aus dem Fundus und welche Stoffe aus dem Materiallager verwendet werden können. Das Thema Nachhaltigkeit muss meiner Meinung nach über alle Prozesse hinweg gedacht werden: Schon in der Entwurfsphase ist uns die Sensibilisierung in der Zusammenarbeit mit den Künstler:innen und allen Beteiligten (Assistent:innen, Werkstätten) für das Thema Nachhaltigkeit, Herstellungsplanung, neue Technologien, Auswahl der externen Produktionspartner etc. enorm wichtig.

AD Wir wissen inzwischen alle, dass die Textilindustrie einen höheren CO2-Ausstoß verursacht als internationale Flüge und Kreuzfahrten zusammen. Und das Bild, dass sich an den Farben der Flüsse in China die Modefarben in Europa ablesen lassen, erlebe ich nach wie vor als erschreckend und alarmierend. Da findet selbstverständlich bei einem Festival wie der Ruhrtriennale ein Nachdenken und inzwischen auch Handeln statt: Für uns als Kostüm- und Maskenabteilung liegt ein großes Potenzial darin, Vorhandenes nachhaltiger zu nutzen. Die Ruhrtriennale verfügt über einen eigenen Fundus mit zahlreichen Kostümen und Kleidungsstücken, ergänzt durch eine zunehmende Zusammenarbeit mit anderen Fundi. Auch das Angebot an Secondhandkleidung, sowohl im Handel als auch online, ist inzwischen auf einem so guten Niveau, dass in vielen Fällen Neuware ersetzt werden kann. Die Stärkung des regionalen Handels ist uns ebenso ein Anliegen. Dafür planen wir zum Beispiel einen Leitfaden für das Einkaufen im Ruhrgebiet, der auch Secondhandgeschäfte berücksichtigt.
Beim Ankauf von Neuware ermöglichen wir es unseren Kostümbildner:innen, nachhaltig produzierte Ware erwerben zu können und bei der Auswahl von Stoffen auf Zertifizierungen und diejenigen Siegel zu achten, die ökologische, soziale und gesundheitliche Standards bei der Herstellung sicherstellen.

Online-Bestellungen für das Kostümbild haben extrem zugenommen. Wie gehen Sie an Ihrem Haus damit um?

AD Wir haben einen kleinen Leitfaden mit vergaberechtlichen Vorgaben erstellt, den wir Kostümbildner:innen und Assistent:innen zu Beginn der Zusammenarbeit zukommen lassen. Wir bitten etwa darum, bei Bestellungen den Artikelstandort Deutschland (ggf. EU) und nachhaltige und faire Produkte zu bevorzugen. Auf Bestellungen auf extrem günstigen Fast-Fashion-Websites, die unseren Nachhaltigkeitsstandards nicht genügen, soll verzichtet, zu viele Einzelbestellungen sollen vermieden und stattdessen gebündelt werden, ergänzt durch Tipps zum Einkauf von Secondhandkleidung.

JM Wir weisen bei allen Bestellungen darauf hin und sensibilisieren für ein entsprechendes Einkaufsverhalten. Zum Beispiel müssen keine 10 Paar Schuhe zur Auswahl bestellt werden, drei Paar zur Ansicht reichen auch. Wir akzeptieren keine Bestellungen ohne fundierte Recherche, Produkte mit langen Lieferwegen versuchen wir zu vermeiden. Das Motto ist auch: „support your local dealer“, hier haben wir eine Adressliste aller Geschäfte in Salzburg und Umgebung, von der Humana bis zum Edel-Secondhand, vom kleinen Händler für Messingschnallen bis zum Megastore. Und da wir mit Künstler:innen aus ganz Europa arbeiten, kommen jedes Jahr auch tolle neue Läden in anderen Städten dazu.

PG Wir sind uns des Problems der Online-Bestellungen bewusst und arbeiten an einer Lösungsstrategie: Im ersten Schritt haben wir die Lieferwege auf Europa, bestenfalls auf die EU beschränkt. Wir stellen Kostümbildner:innen einen Katalog mit lokalen Geschäften zur Verfügung und motivieren dazu, Online-Handel zu vermeiden und im Sinne der Nachhaltigkeit zu agieren. Bisher sind wir hier auf einem guten Weg und merken, dass bei der großen Mehrheit der gastierenden Teams bereits ein Umdenken stattfindet und keine großen Überzeugungsgespräche mehr nötig sind.

Oft werden Kostüme gefärbt und bearbeitet, also z.B. künstlich älter oder schmutzig gemacht. Da ist viel Chemie im Spiel…

PG Patinierungen und Färbearbeiten werden von unserem Holding-Partner art + event | Theaterservice Graz durchgeführt, die selbst strenge Vorschriften einhalten und für das Einfärben von Stoffen ausschließlich Naturfarben verwenden. Schädliche Chemikalien kommen hier nicht zum Einsatz, zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter:innen und der Abwasserbestimmungen der Grazer Innenstadt, wo sich die Färberei befindet. Alterungseffekte werden von Hand mit Werkzeugen wie Feilen, Schleifpapier, Reißen und Schneiden der Textilien erzeugt und mithilfe von u.a. Heilerde und Nassschminke patiniert. Acryl- u. Ledersprays kommen noch zum Einsatz, hier wird aber bereits nach Alternativen gesucht.

JM Mittlerweile gibt es gute ökologische Alternativen, die wir einsetzen. Wir werden beim Färben und Bearbeiten nicht immer ohne Chemie auskommen: Die Festspiele haben jedoch eine eigene Abscheideanlage, die das Schmutzwasser im Haus reinigt, bevor es in die Kanalisation gelangt. Auch entsprechende Absauganlagen für flüchtige Stoffe sind gesetzlich vorgeschrieben und sind standardmäßig in unserem Betrieb im Einsatz. Wir planen einen Workshop zum Färben mit Naturmaterialien, um uns auch in diesem Bereich fortzubilden.

Kostüme müssen oft gereinigt oder gewaschen werden. Gibt es da bereits ein Umdenken?

AD Die Energiebilanz des alten Theatertricks, die Kostüme mit Wodka einzusprühen, um Gerüche zu beseitigen, bleibt unschlagbar. Aber natürlich kommt man ums Waschen, Trocknen und die chemische Reinigung nicht herum. Vor zwei Jahren konnten wir glücklicherweise einen Ozonschrank anschaffen, der Waschgänge und Reinigungen reduziert. Und sobald die Wasch- und Reinigungsmittel aus dem aktuellen Bestand aufgebraucht sind, steigen wir auf biologisch abbaubare Waschmittel um.

PG Bei der Reinigung kommt seit Sommer 2016 unter anderem ein Ozonschrank zum Einsatz, der Gerüche beseitigt und die Kostüme desinfiziert, wodurch vor allem bei nicht stark verschmutzten Teilen die Anzahl der Waschgänge deutlich reduziert werden kann. Die Waschmittel selbst werden bei einem lokalen steirischen Produzenten, „Seifenfabrik Strohmeier“, bezogen, der Seifen aus recyceltem Altspeiseöl herstellt. Kostüme wie Mäntel oder diverse Kleider, die nicht gewaschen werden können, werden neben der Behandlung im Ozonschrank regelmäßig abgebürstet und feucht abgewischt. Auf die chemische Reinigung durch eine externe Firma wird nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen.

JM Wir versuchen den Einsatz von chemischer Reinigung maximal zu verringern. Zum einen werden alle Stoffe vorgewaschen, sodass sie jederzeit im Haus „gereinigt“ werden können. Außerdem werden alle Kostüme einer Vorstellung in den Werkstätten kontrolliert, aufgebügelt und mit Wodka und Dampf behandelt und so desinfiziert. Alle waschbaren Kostüme kommen in den Waschzyklus der hauseigenen Wäscherei. Für sehr empfindliche Kostüme, die keiner der beiden Methoden standhalten, haben wir einen Ozonschrank, der alle Gerüche neutralisiert. Nur bei eng disponierten Proben oder Vorstellungen greifen wir auf unsere Vertragspartner externer Reinigungen zurück. Bereits vor vier Jahren haben wir eine Dosieranlage für die Waschmittel angeschafft, hier wird je nach Programm die entsprechende Menge Waschmittel direkt in die Maschine geführt. Die Verpackungsmaterialien sind alle recycelt und kehren nach Gebrauch in den Kreislauf zurück.   

In der Beauty-Szene gibt es mittlerweile eine große Auswahl an nachhaltiger Kosmetik – erreichen die fürs Maskenbild verwendeten Produkte ähnliche Standards?

JW Die Firmen für Maskenbildnerbedarf tun sich damit grundsätzlich noch etwas schwer. Aber da wir im dekorativen Bereich schon immer auch andere Firmen im Gebrauch hatten, versuche ich nun – wo es möglich ist – auf nachhaltige Produkte zurückzugreifen.

JM Wir verwenden bei den Festspielen kaum noch die klassischen Theater-Schmink-Produkte. Hier wird eher mit Beauty-Produkten gearbeitet. Wir brauchen noch etwas Zeit, um die wirklich richtigen Anbieter zu finden, denn die Anforderungen an das Make-up haben mittlerweile TV- und Filmstandards: Sei es für Liveübertragungen oder Aufzeichnungen, auch die Veränderung der Lichtqualitäten spielt eine entscheidende Rolle. Die neue Generation an Lichttechnik stellt ganz andere Herausforderungen an das Maskenbild. 

Aber auch hier gilt, alles, was ersetzt werden kann, wird ersetzt, aber immer unter der Prämisse, dass unsere hohen Standards eingehalten werden.

#Funfact: Wir haben im letzten Jahr eine Firma gefunden, die Beauty nach nachhaltigen Standards anbietet, wir haben eine Serie zur Probe bestellt, leider war aber jedes einzelne Produkt wie eine Matroschka verpackt und damit war es für uns hinfällig.

Die Herstellung von Perücken ist zeit- und kostenintensiv. Was ist nachhaltiger: Kunst- oder Echt-Haar?

JM Ich glaube, dass beide gleichauf sind, außer dass Echthaar schneller abbaubar ist als Kunsthaar. Aber auch hier kommen die Haarveredler an den aktuellen Trends nicht vorbei und die Entwicklung und die Innovationen werden immer besser. Denn der Bedarf ist nach wie vor da. 

Das Kapital einer jeden Maskenabteilung ist ein guter Perückenfundus mit einem breiten Spektrum an Kunst- und Echthaar. Aus dem kann geschöpft werden. Meistens findet man alles im Fundus und man macht z.B. nur Solist:innen- oder Spezial-Perücken neu. Aber auch hier gibt es Firmen, die verleihen, das bietet sich an, wenn man große Gruppen hat und nicht für eine jahrelang gespielte Repertoireproduktion sucht. Da haben wir letztes Jahr gute Erfahrungen gemacht.

JW Beides – Kunst- und Echthaarperücken – werden immer und immer wieder verwendet, allein aus Zeit- und Kostengründen. So waren wir, was das angeht, schon sehr nachhaltig, als noch keiner über Nachhaltigkeit gesprochen hat.

Wie sieht es mit dem Austausch unter Kolleg:innen aus? Inwieweit werden nachhaltige Tipps, Ideen und konkrete Anwendungen weitergegeben?

AD Ich bin sehr interessiert an der Vernetzung mit anderen Festivals und Häusern und wir praktizieren den Austausch bereits. Das Ruhrgebiet verfügt ja über eine große Theaterlandschaft. Gerade erst sind etwa 85 Stücke aus unserem Fundus, darunter ein Chorsatz aufwendig gefertigter Kleider, zu einem anderen Festival gewechselt. Die Kleider werden von einer Kostümwerkstatt im Schnitt geändert sowie angepasst und erhalten so einen zweiten Auftritt. Für uns funktionieren die Ausleihen bei anderen Fundi besonders gut mit ausreichend Vorlauf, da die Theater in der Regel in der Sommerpause sind, wenn wir zu proben beginnen. Insgesamt sehe ich bei der Vernetzung aber noch Ausbaupotenzial. Interessant finde ich zum Beispiel das österreichische Modell eines zentralen Fundus für die Bundestheater in Wien, in dem die mehr als 250.000 Kostüme gesammelt und übergreifend zur Verfügung gestellt werden, übrigens auch für Privatpersonen.

JM Es gibt Netzwerke wie die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft oder auch das Netzwerk Opera Europe, die Nachhaltigkeit thematisieren, aber ein wirklicher oder konkreter Austausch zwischen den Häusern ist meiner Beobachtung nach noch nicht entstanden. Es mangelt meist am Faktor Zeit. Man muss Zeit investieren, um zu netzwerken, Kontakte zu pflegen und im Austausch zu sein. Beim Thema Nachhaltigkeit starten die meisten Häuser erst mit ihren Maßnahmen, und das Bewusstsein wird geschärft. Noch wird der Fokus hauptsächlich auf die Gebäude und Energie gelegt. Die nachhaltige Produktion von Bühne und Kostüm steckt in den Kinderschuhen. Oder ist diese These zu gewagt? Ich glaube nicht, warum sonst wird von der Beschneidung der „Kunstfreiheit“ geredet, davon, dass die Künstler:innen durch nachhaltige Maßnahmen eingeschränkt werden könnten. Aber wie soll eine Transformation gelingen, wenn die hauptsächlichen Player ausgeschlossen sind? Die Digitalisierung kann auch hier helfen, sei es bei Planung, Lagerhaltung, Archivierung. Sehen wir es als Chance und nicht als Bürde. Investieren wir in Wissen und neue Technologien. Umdenken müssen wir eh, denn ein weiter so wird es nicht mehr lange geben.

Was wäre die nächste nachhaltige Maßnahme, die Sie für Ihre Abteilung gerne umsetzen würden?

JM Die Fertigstellung des Einkaufskodex und die Erweiterung unseres bestehenden Lieferantenstamms um Firmen, die nach nachhaltigen Standards produzieren.

PG Die Umstellung unserer Schneiderei auf 100%ig nachhaltige Textilien sowie die Fertigstellung unseres Maßnahmenkataloges bezogen auf Stoff- und Kostümeinkaufsmöglichkeiten sind unsere nächsten Meilensteine. Des Weiteren gilt es, die Zusammenarbeit mit lokalen Hersteller:innen zu fördern, um die Transportwege zu verkürzen.

JW Ich wünsche mir von Firmen, dass sie nachhaltiger denken und werden, z.B. was (Um)Verpackungen angeht. Und ich wünsche mir von Kostümbildner:innen, dass es selbstverständlicher wird, Nachhaltigkeit schon in den Entwurf einfließen zu lassen.

Die kompletten Interviews können Sie auch unter www.goodissue.de/theaterundnachhaltigkeit nachlesen.

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